Gemeinsame
Sorge: Im März Heft von Journal of Family
Psychology (Vol 16, No. 1.), herausgegeben von der American Psychological Association
(APA), der größten Organisation (155.000 Mitglieder)
amerikanischer Psychologen, erschien eine sehr detaillierte
statistische Studie (Meta- Analysis von 33 Publikationen)
über 1846 Kinder mit einem allein sorgeberechtigten
Elternteil (weit überwiegend Mütter) und 814 Kinder,
bei denen die Eltern gemeinsame rechtliche Sorge hatten, oder
auch das in den USA schon weit verbreitete Modell (joint
physical custody)praktizieren, bei dem die Kinder abwechselnd
etwa gleich viel Zeit mit beiden Elternteilen verbringen.
Einbezogen wurden auch 251 intakte Familien. Es zeigt sich,
dass Kinder mit gemeinsamer Sorge in den allermeisten
Fällen sich besser entwickeln, weniger
Verhaltenstörungen und emotionelle Probleme aufweisen, in
der Schule besser vorankommen und ein besseres
Selbstwertgefühl entwickeln. Dabei käme es nicht so
sehr darauf an, dass der Wohnort alterniert, sondern, dass
die Kinder hinreichend viel Zeit auch mit dem
Nichtwohnelternteil (Vater) verbringen können.
Gemeinsame Sorge würde den wichtigen Fortbestand des
Kontaktes zu beiden Eltern fördern. Breiten Raum
nimmt in der Studie auch die Frage elterlicher Konflikt
vs. gemeinsame Sorge ein, die sich keineswegs so
einfach entscheiden läßt, wie das hierzulande
oft scheint ("Kopfschütteln" genügt als
Gegenargument.) Obwohl sich zeigt, dass gemeinsame Sorge
konfliktmindernd wirkt und auch zur anhaltenden
Zufriedenheit beider Eltern beiträgt, ist eine
gewisse Preselektion, nämlich dass sich Eltern bei
denen von vornherein das Konfliktpotential sehr niedrig
war bevorzugt dafür entscheiden, nicht
auszuschließen. Dazu wären mehr empirische
Studien wünschenswert. Zusätzlich zur
zusammenfassenden
Pressemitteilung ist auch der gesamte Aufsatz, "Child
Adjustment in Joint-Custody Versus Sole-Custody Arrangements: A
Meta-Analytic Review," von Robert Bauserman, Ph.D., Journal
of Family Psychology, Vol 16, No. 1., mit einer sehr
umfangreichen Literaturliste (als pdf file) abrufbar.
Als erster Überblick zum obigen Arbeit (auch mit einfacherem Englisch) eignet sich vielleicht ein gerade in USA TODAY (einer der auflagenstärktsten Tagezeitungen) erschienener Artikel: Joint custody best for kids after divorce, study says Contact with both parents helps children's behavior, school performance and self-esteem. By Karen S. Peterson, USA TODAY.
The Unexpected Legacy of
Divorce : A 25 Year Landmark Study
von Judith S. Wallerstein, Julia Lewis,
Sandra Blakeslee. Mit einer ausführlichen
Rezension
Buchhinweis (Neuerscheinung): Richard A. Gardner: Das Elterliche Entfremdungssyndrom (Parental Alienation Syndrome/PAS). Anregungen für gerichtliche Sorge- und Umgangsregelungen. Eine empirische Untersuchung.
18.11.2001:Buchhinweis
(Neuerscheinung):
unter Mitarbeit von Joël Binckli, Wilfrid von
Boch-Galhau, Wera Fischer, Ursula Kodjoe, Peter Koeppel,
Hans-Martin Pawlowski.Eltern sägen ihr Kind
entzwei. Trennungserfahrungen und Entfremdung von
einem Elternteil.
Kindesanhörung Teil III (Psychologie)
Auch auf die Gefahr hin, dass dadurch wieder eine fruchtlose
Debatte, am eigentlichen Problem vorbei, ausgelöst wird,
wie ob es sich beim "Parental
Alienation Syndrome" auch wirklich um ein Syndrom
handle: Aber wussten Sie schon was das "Erlkönig
Syndrom" ist?
Eine ausführliche Beschreibung (mit 52 weitereren
Literaturstellen) findet sich jedenfalls in ,,Sleep
disturbance and father hunger in 18- to 28-month-old boys: The
Erlkoenig syndrome." von James M. Herzog
(Children's Hospital Medical Center, Boston), erschienen in der
Fachzeitschrift Psychoanalytic Study of the Child. [Vol 35, S.
219-233, 1980.] Demnach handelt es sich um eine
psychosomatische Schlafstörung in kleinen Jungen die mit
dem Verlust des Vaters durch Trennung/Scheidung einhergeht. Die
Albträume und der nächtliche Terror werden
beschrieben und die Therapie wird an drei Fallbeispielen 18,
22, und 28 monatiger Kinder illustriert. [Anmerkung: Es ist
natürlich zu erwarten, dass dieselben Probleme auch bei
kleinen Mädchen und bei dem rein zahlenmässig weit
weniger häufigen Mutterverlust auftreten, auch wenn dann
der Bezug auf das bekannte Gedicht (1782) von Goethe weniger direkt
erscheint.]
Statistik: In der führenden professionellen medizinischen Datenbank MEDLINE finden sich im Teilbereich Psychiatrie derzeit Hinweise auf 14161 Veröffentlichungen (in Fachzeitschriften) in der Kategorie Eltern-Kind Beziehung, davon 9810 zur Mutter-Kindbeziehung und 1828 zur Vater-Kind Beziehung, ferner 774 zu ,,Family Relations". Zu "Paternal Deprivation" (Vater-Entbehrung) gibt es 467 Einträge. Als Querverweis z. B. zum Schlagwort "Parental Alienation Syndrome" erhält man die Kategorie "Personality Disorders" mit 9168 Einträgen, davon 2317 zu "Borderline Personality Disorder" (BPD), ferner 11559 zu "Child Behavior Disorders". Mit dem Suchwort "Child Custody" (Elterliche Sorge) erhielte man unter Einschluss aller Subkategorien (exp child abuse/ or exp child advocacy/ or exp child custody/ or exp child welfare/ or exp divorce/ or exp expert testimony/ or exp forensic psychiatry/ or exp jurisprudence/ or exp legal guardians/ or exp parents/ or "child custody".mp.) insgesamt 119579 Einträge. Man wird also seine Suche eingrenzen müssen.-----
Bericht von Frau Dipl. Psych. Ursula Kodjoe über die 37. Jahreskonferenz des AFCC (Association of Family and Conciliation Courts) in New Orleans vom 31.5.- 4.6.2000: „Alienation, Access & Attachment“
Wenn der Vater fehlt. Epidemiologische Befunde zur Bedeutung früher Abwesenheit des Vaters für die psychische Gesundheit im späteren Leben. Von Franz et al.
Christiane Olivier: Die Söhne des Orest - Ein Plädoyer für Väter -
Jopt, Jugendhilfe und Trennungsberatung
siehe auch die weiteren links und Literaturangaben zu : Parental Alienation Syndrome (PAS)
PAS und Systemische Familientherapie
Ursula Ofuatey-Kodjoe,»Zum Wohle des Kindes: Je jünger, desto weniger Kontakt?«,Zur Fragwürdigkeit von Faustregeln, Zentralblatt für Jugendrecht, 84. Jahrgang Heft 7/8/1997 Seiten 233 - 296.
BEGUTACHTUNG:
Psychologie im Familienrecht. Bilanz und
Neuorientierung. Evangelische Akademie Bad Boll, 9. - 11.
Dezember 1998
Teil 1, Teil
2.
Privatgutachten: EGMR: Privatgutachten muessen beachtet werden! sowie BGH-Urteile zur Gutachtensproblematik. Unter diesem Titel hat RA Dr. Koeppel eine beachtliche Sammung von Leitsätzen zusammengestellt, angefangen mit den jüngsten Feststellungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Kindschaftsache Kutzner gegen Deutschand. Auch wenn die übrigen Entscheidungen überwiegend medizinische Privatgutachten betreffen, so sind diese Leitsätze doch so allgemein gehalten, dass sie unmittelbar auch auch familiengerichtliche Verfahren Anwendung haben sollten. Allein die Zahl und Art dieser Entscheidungen unterstreicht auch die Beobachtung, dass Privatgutachten oder ausführliche Stellungnahmen zu gerichtlich angeordneten Gutachten hierzulande immer wieder einfach ignoriert werden oder Stellungnahmen gar nicht erst zugelassen werden, etwa weil sich das Familiengericht selbst ausreichende Sachkenntnis zuschreibt, oder diese allein auf Berichte eines Jugendamtes stützt. Ähnlich wie bei komplizierten medizinischen Fragen, bei denen von vornherein feststeht, dass das Gericht diese Sachkenntnis gar nicht besitzen kann, sondern auf möglichst umfassende Beweiserhebung durch Sachverständige angewiesen ist, gibt es sicher auch genügend Fälle vor Familiengerichten die eine über die übliche richterliche Anhörung hinausgehende ausführliche Begutachtung des gesamten Familiensystems erfordern. Die ausschließlichen Vorrechte des Gerichtes in unserer im Gegensatz zum angelsächsischen adversary system inquisitorischen Rechtsordnung bei der Ermittlung des Sachverhaltes und letztendlichen Beweiswürdigung werden dabei überhaupt nicht in Frage gestellt. Eine andere wichtige, damit eng zusammenhängende Frage ist allerdings auch, wie möglichst objektiv die Wissenschaflichkeit von Gutachten beurteilt werden kann, vgl. dazu auch unsere Berichterstattung über eine Tagung in Bad Boll, Psychologie im Familienrecht. (Dez. 1998)
WAS ERWARTET DER RECHTSANWALT VOM
PSYCHOLOGISCHEN SACHVERSTÄNDIGEN
Dr. Peter Koeppel, München.
Bundesgerichtshof stellt Mindestanforderungen an Glaubhaftigkeitsgutachten bei Verdacht auf sexuellem Kindesmissbrauch auf.
Vertrauensgrenzen des psychologischen
Gutachtens im Familienrechtsverfahren
Prof. Dr. rer.nat. Wolfgang Klenner,
Oerlinghausen