Information von Väter für Kinder e.V.:

Stellungnahme des VfK e. V

(auf Aufforderung des Bundesministeriums der Justiz)

Links wurden hier nachträglich eingefügt.

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Prof. Dr. M. Reeken, Vorsitzender von VfK

An das Bundesministerium der Justiz

11015 Berlin

14. Mai 2000

Stellungnahme zum Vorentwurf eines Europäischen Übereinkommens über den Umgang mit Kindern

Zu dem uns übersandten Vorentwurf eines Europäischen Übereinkommens über den Umgang mit Kindern nehmen wir wie folgt Stellung:

Wir begrüßen es sehr, daß man sich zu den real auftretenden Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines grenzüberschreitenden Umgangsrechtes in den europäischen Regierungen Gedanken macht.

Die von Ihnen auf S. 4 skizzierte Situation ist uns aus unserer Arbeit gut bekannt.

Neu und interessant erscheint uns die Idee von safeguards (Art. 9 des Entwurfs). Es besteht jedoch, wie Sie selbst feststellen, hinsichtlich praktischer Sanktionsmaßnahmen bei Nichteinhaltung der Umgangsvereinbarung noch große Uneinigkeit.

Wir haben erhebliche Bedenken, ob hier wirklich ein neues Abkommen hilfreich ist. Vielmehr meinen wir, dass die bestehenden Abkommen, im einzelnen das MSA [Franz., Engl.] sowie das HKÜ, ausreichend sind. Die eigentliche Aufgabe ist es u. E. vielmehr, diese beiden Abkommen effektiver umzusetzen.

So greift das HKÜ nach Art. 3 auch schon in der geschilderten Situation eines widerrechtlichen Zurückhaltens eines Kindes und sind in der Vorschrift des Art. 21 HKÜ auch Maßnahmen zur Durchsetzung des Umgangsrechts vorgesehen, die sich bisher allerdings nicht als wirkungsvoll erwiesen haben (vgl. Bach/Gildenast Internationale Kindesentführung, Verlag Gieseking, 1999, S. 66).

Uns sind auch Fälle bekannt, in denen Familiengerichte bzw. Familiensenate an Oberlandesgerichten die beiden obengenannten Abkommen nicht einmal auseinanderhalten konnten und den Vorrang des HKÜ (vgl. Bach/Gildenast S. 15) nicht erfaßten. Neben den bei Bach  / Gildenast angeführten Beispielen können wir hierzu auf OLG München - AZ 2 UF 1590/99 - vom 10.12.99 (unveröffentlicht) verweisen.

Wie Ihnen sicher auch bestens bekannt ist, wird Deutschland wegen der zu extensiven Handhabung der Ausnahmebestimmung des Art. 13 HKÜ intermational gerügt; Bach/Gildenast führen dazu ebenfalls ein Vielzahl sehr problematischer Entscheidungen an. Auf die umfangreiche Presseberichterstattung in amerikanischen wie auch deutschen Zeitungen zu dieser Problematik, wie gerade in diesen Tagen wieder, dürfen wir verweisen.

Wir meinen daher, daß es vor der Schaffung immer neuer Abkommen weit wichtiger wäre, die bestehenden Abkommen effektiver umzusetzen. Dies setzt in Deutschland entsprechende Rahmenbedingungen (Durchführungsgesetze) und eine verbesserte Fortbildung der Richterschaft voraus.

Wir befürchten sogar, daß die gesetzliche Einführung weiterer europäischer Abkommen, wie das vorliegende oder auch eines neuen Europäischen Sorgerechtsübereinkommens zu einer weiteren Konfusion bei den Rechtsanwendern führen würde. Dadurch würde u. a. die für die betroffenen Kinder oft viel zu lange Verfahrensdauer wahrscheinlich sogar noch zunehmen. Daß die Dauer familienrechtlicher Verfahren in Deutschland schon heute sowohl das kindliche Zeitgefühl als auch bestehende internationale Übereinkommen verletzt, hat Stefan Heilmann (Kindliches Zeitgefühl und Verfahrensrecht, Luchterhand 1998, u. E. überzeugend nachgewiesen. Vgl. dazu auch Bach/Gildenast.

Der Richter hätte insb. in jedem Einzelfall zunächst zu prüfen, ob das betreffende andere Land überhaupt das betreffende Abkommen national in Kraft gesetzt hat und ob Vorbehalte erklärt wurden.

Alles in Allem halten wir wenig von einer derartigen Inflationierung von Abkommen in diesem sehr sensiblen Bereich des internationalen Rechts.

Michael Reeken

Vorsitzender von VfK e.V.

Vgl. auch Kindschaftsrecht-International

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