KIND - FAMILIE - MENSCHENRECHTE

                               INFORMATION

                                 Väter für Kinder e.V.
                                    Postfach 380 268, 80615 München

Nummer 6/99
verantwortlich i. S. d. P.: Dr. A. Schneider / Vorsitzender


 

Was tun Gerichte gegen Umgangsvereitelung?

Nach Trennung und Scheidung hat der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, das Recht und die Pflicht zum Umgang. Behinderung und Vereitelung des Umgangs durch den betreuenden Elternteil sind jedem Familiengericht vertraute Erscheinungen. Erste Erfahrungen deuten darauf hin, daß sich elterliche Auseinandersetzungen seit Einführung des neuen Kindschaftsrechts von Sorgerechtsfragen zunehmend auf das Umgangsrecht verlagern. Eltern, die bei der Ausübung ihres Umgangsrechts behindert werden, fühlen sich von der deutschen Rechtsprechung weitgehend allein gelassen. Ihr Umgangsrecht mag gegen den Willen des anderen Elternteils noch durchsetzbar sein, doch wenn dieser sich gerichtlichen Anordnungen widersetzt, fehlt es an Konsequenzen zur praktischen Durchsetzung des Umgangs. Keinem unverbildeten Menschen ist es begreiflich zu machen, daß die Nichterfüllung der Unterhaltspflicht in Deutschland einen Straftatbestand darstellt und mit Gefängnis bestraft werden kann, während Umgangsvereitelung kein Straftatbestand ist und meistens für den vereitelnden Elternteil folgenlos bleibt. Folgenlosigkeit für den betreuenden Elternteil bedeutet aber zugleich Schädigung des Kindes durch Entzug des anderen Elternteils. Diese Info handelt davon, wie andere Staaten mit dem Problem umgehen.

Aus Kanada wurde im Februar 1998 gemeldet, daß die sorgeberechtigte Mutter eines vierjährigen Kindes für 60 Tage ins Gefängnis mußte, weil sie wiederholt das Umgangsrecht des Vaters verletzt hatte. In einem anderen kanadischen Fall wurde die Mutter zu einer sechstägigen Haftstrafe verurteilt, nachdem sie einen gerichtlichen Umgangsbeschluß mißachtet hatte.

Seit dem vorläufigen Abschluß der Reform des französichen Familien- und Kindschaftsrechts im Jahr 1993 ist die Verhinderung des gerichtlich bestimmten Umgangs durch den verantwortlichen Elternteil ein Straftatbestand, der mit Gefängnis und Geldstrafen geahndet wird. Im Jahr seit der Reform sollen in Frankreich rund 12.000 Fälle von Umgangsvereitelung anhängig gewesen sein, von denen bis auf 800 alle eingestellt werden konnten, weil die verantwortlichen Elternteile einlenkten, als sie merkten, daß ihnen ernstlich Sanktionen drohen. Dieser Befund widerlegt die in Deutschland verlautbarte Meinung, Umgangsvereitelung dürfe schon um der Kinder willen nicht bestraft werden. Die Meinung ist deswegen irrig, weil es, wie den französischen Erfahrungen zu entnehmen ist, fast nie nötig wird, tatsächlich eine Strafe auszusprechen. Michael Reeken kommentiert dazu (Die Reform des Familienrechts - ein Vergleich zwischen Frankreich und Deutschland. Zentralblatt für Jugendrecht, Jhrg. 80, Nr. 12/93, S. 570-574): Der französische Gesetzgeber hat "die Erkenntnis umgesetzt, daß der viel beschworene Streit der Eltern in Hinblick auf die Kinder überhaupt nur befriedet und durch Kompromisse ersetzt werden kann, wenn beide Eltern sich als absolut gleichberechtigt und in ihrer Elternverantwortung gleichermaßen wichtig genommene Personen erleben können."

Großbritannien: Wie die britische Shared Parenting Information Group (SPIG) berichtet, hat es immer wieder Versuche von Amtsgerichten gegeben, Eltern mit Geld- oder Gefängnisstrafen zu belegen, wenn sie Anordnungen zum Umgangsrecht zuwiderhandelten. Bis 1989 sind aber alle diese Urteile durch das Berufungsgericht aufgehoben worden. Dann kam der Durchbruch. Die Gefängnisstrafe einer Mutter wegen Umgangsvereitelung wurde vom Berufungsgericht bestätigt. Seither haben entsprechende Urteile immer wieder Rechtskraft erlangt.

Auch in Slowenien ist Umgangsvereitelung ein Straftatbestand. Hier kann der betreuende Elternteil sogar dann mit Geldstrafen belegt werden, wenn das Kind den Umgang mit dem anderen Elternteil ablehnt, weil die Ursache für die Ablehnung im Einfluß des betreuenden Elternteils gesehen wird.

Die türkische und schwedische Rechtsprechung reagiert bei Umgangsvereitelung mit Sorgerechtsänderung. Aus Schweden wird berichtet, daß seit Einführung dieser Rechtsprechung die Kontakte der Trennungs- und Scheidungskinder zum getrennt lebenden Elternteil erheblich zugenommen haben.

In Österreich hat der Oberste Gerichtshof 1995 in einem schweren Fall von Umgangsverweigerung entschieden, daß deshalb der Anspruch auf Ehegattenunterhalt auf Dauer verwirkt ist.. Wir berichteten darüber in VfK-Info 7/97. Auch nach israelischem Recht verwirkt den Unterhaltsanspruch, wer das Umgangsrecht des anderen Elternteils nicht achtet.

Als Beispiel für die USA hatten wir in Info 3/98 das Umgangsdurchsetzungsgesetz von Florida beschrieben.

Aus Deutschland dagegen sind uns wenige Fälle bekannt, in denen ein Gericht energische Maßnahmen zur Durchsetzung einer gerichtlichen Umgangsanordnung erließ (androhte). In einem Beschluß des Amtsgerichts Zwickau vom Juli 1996 etwa wurde der Antragsgegnerin  für den Fall des vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes gegen die bestehende gerichtliche Umgangsregelung ein Zwangsgeld bis zu 15.000 DM oder Zwangshaft von 6 Monaten angedroht. Eine Reduktion des Ehegattenunterhalts (nicht des Kindesunterhaltes) wegen fortgesetzter, massiver Behinderung des Umgangs wurde in einigen Fällen ausgesprochen. Wir berichteten darüber im August 1998. Das Gesetz bietet auch die Möglichkeit der Sorgerechtsübertragung auf den bisher nicht betreuenden Elternteil. Diese Möglichkeit wird aber von den deutschen Gerichten als 'ultima ratio' gegen Sabotage des Umgangsrechts angesehen. Entsprechende Urteile sind derartig selten, daß sie regelmäßig veröffentlicht werden.

Keinem Elternteil kann daran gelegen sein, daß der andere im Gefängnis verschwindet, es sei denn, sein Urteilsvermögen wäre durch krankhaften Haß beeinträchtigt. Als Maßnahme gegen Umgangsvereitelung haben Strafandrohung und Strafe dennoch ihre Berechtigung, weil sie Symmetrie bei den elterlichen Pflichten und Rechten herstellen und dafür sorgen, daß es in der überwältigenden Anzahl der Fälle zu einer Verständigung der Eltern kommt, der Ernstfall also gar nicht erst eintritt. Dazu noch einmal Michael Reeken (a.a.O.): Es ist eine "uralte Erkenntnis, daß friedlicher Ausgleich nur bei Waffengleichheit und völliger Gleichberechtigung der Kontrahenten möglich ist."

Zur Homepage von Väter für Kinder e.V.  Impressum