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Väter für Kinder
e.V.
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Das Gericht berief sich auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Diese gewährt in Art. 8 jedermann einen Anspruch auf Achtung seines Familienlebens und macht keinen Unterschied zwischen einer „ehelichen" und einer „nichtehelichen" Familie. Art. 14 verbietet jede Art von Diskriminierung, auch die nach dem Geschlecht. Nach geltendem Recht ist aber die Umgangsbefugnis des Vaters eines nichtehelichen Kindes vom Willen der Mutter abhängig. § 1711 BGB ermöglicht es dem Vormundschaftsgericht, ein Umgangsrecht auszusprechen, wenn es „dem Wohle des Kindes dient". Der unbestimmte Rechtsbegriff „Kindeswohl" ist nun nach dem Beschluß des Gerichts so auszulegen, daß es nicht zu einer Kollision mit den Vorgaben der EMRK kommt. Diesen Vorgaben ist aber nur dadurch Rechnung zu tragen, daß ein Umgangsrecht des nichtehelichen Vaters grundsätzlich nur dann zu versagen ist, wenn das für die psychische Gesundheit des Kindes notwendig und im übrigen auch verhältnismäßig ist.
Dieses ist wieder einmal ein Gerichtsbeschluß, der unmittelbar auf die Vorgaben des Völkerrechts Bezug nimmt. Seit VfK vor neun Jahren damit begonnen hat, auf die Auswirkungen des Völkerrechts auf das deutsche Kindschaftsrecht hinzuweisen und für seine Umsetzung einzutreten, hat sich die Rechtsprechung erheblich in dieser Richtung weiterentwickelt, ohne daß sich (bisher) etwas an den kindschaftsrechtlichen Bestimmungen des BGB geändert hätte.
Das Kindschaftsrecht wird auch nach der Reform nicht zur Ruhe kommen;
denn was „Kindeswohl" bedeutet, ist dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen.
Rechtsprechung und Gesetzgebung folgen ihm. Die Rechtswissenschaft ist
keine schöpferische, sondern eine nachvollziehende Disziplin: Sie
hinkt dem Wandel der Wertvorstellungen hinterher.