KIND - FAMILIE - MENSCHENRECHTE

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                                 Väter für Kinder e.V.
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Nummer 2/96
verantwortlich i. S. d. P.: Prof. Dr. M. Reeken / Vorsitzender

Zur Behinderung und Verweigerung ungestörter Umgangskontakte

Umgangsobstruktion ist zu einer Massenerscheinung unserer Zeit geworden. Nach Schätzungen haben rund 1,5 Mio Trennungs- und Scheidungskinder den Kontakt zu einem Elternteil verloren, weil der andere Elternteil es so will. In der Praxis ist der verlorene Elternteil fast ausschließlich der Vater, weil unsere Gerichte bei streitigen Scheidungen nach wie vor das Sorgerecht nahezu ausschließlich den Müttern zusprechen. Die ausgegrenzten Väter geben meist nach einer Weile vergeblicher Bemühungen auf, weil sie gegen Umgangsbehinderung machtlos sind. Die Wohlverhaltensklausel des  BGB §1634 Abs.1 Satz 2 ("Der Elternteil, dem die Personensorge nicht zusteht, und der Personensorgeberechtigte haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.") ist eine reine Papiervorschrift. Zwar gibt es bei Umgangsbehinderung die Möglichkeit gerichtlicher Maßnahmen. Sie reichen von Zwangsgeld über die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bis zur vorläufigen Übertragung des Sorgerechts auf den kooperationswilligen Elternteil. In der Praxis aber machen unsere Gerichte von diesen Möglichkeiten fast keinen Gebrauch, obwohl Umgangsbehinderung, wie jeder Familienrichter weiß, an der Tagesordnung ist. Wir haben deshalb unsere Mitglieder aufgefordert, sich in das laufende Verfahren zur Novellierung des Kindschaftsrechts einzumischen und in Petitionen an den Bundestag gleiches Recht auf beiden Seiten einzufordern: Wenn es ein Straftatbestand ist, Unterhaltspflichten nicht oder nicht vollständig nachzukommen, dann muß es auch ein Straftatbestand werden, den Umgang der Kinder zum getrennt lebenden Elternteil zu beeinträchtigen.

Bekanntlich ist der Vorwurf des sexuellen Mißbrauchs in Mode gekommen. Auf dem 11. Deutschen Familiengerichtstag (27. bis 30.9.1995 wurden Flugblätter verteilt, denen zu entnehmen war, daß inzwischen in rund 40% aller streitigen Scheidungsverfahren mit Kindern der Verdacht sexuellen Mißbrauchs vorgebracht wird, um damit selbst das Umgangsrecht der Väter mit ihren Kindern auszuschließen.

Mit einem solchen Fall hatte sich im letzten Jahr das für seine kinderfreundlichen Beschlüsse bekannte OLG Bamberg zu befassen (NJW 1995, Heft 25, S. 1684- 1685). Die Parteien, Eltern zweier Töchter, lebten getrennt. Die Kinder lebten bei der Mutter. Dreieinhalb Jahre lang konnte der Vater sein Umgangsrecht ungestört wahrnehmen und pflegte gute Beziehungen zu den Kindern. Dann untersagte plötzlich die Mutter, der inzwischen im Scheidungsurteil die alleinige elterliche Sorge zugesprochen worden war, dem Vater jegliche weiteren Kontakte. Zur Begründung führte sie aus, der Vater habe sich sexuell an seinen Töchtern vergangen. Die Mutter unterzog die Kinder in der Folge regelmäßigen psychologischen Sitzungen, in denen sie zu immer derberen sexuellen Phantasien und Spielen mit Puppen angeleitet wurden, die originalgetreue Nachbildungen männlicher und weiblicher Geschlechtsorgane trugen. Die Betreuerin dieser makabren Sitzungen, eine Psychologin, sprach die Kinder während der "Spiele" immer wieder auf ihren Vater an, bis sich schließlich eine der Töchter in perversen und biologisch unmöglichen Phantasien über Geschehnisse erging, die die Puppe von ihrem Puppenvater zu erdulden hätte. Die Psychologin sah daraufhin den Beweis sexuellen Mißbrauchs beider Töchter durch den Vater als erbracht an. Als im Laufe des sich anschließenden Verfahrens die Kinder fast zehn Monate später vom Richter angehört wurden, erklärten sie, ihren Vater auf keinen Fall sehen zu wollen.

Aus der Entscheidung des OLG Bamberg in dieser Sache verdienen zwei Dinge, hervorgehoben zu werden:

1. Es widerspricht dem Wohl eines fünfjährigen Mädchens es aufgrund eines nur vagen Verdachts sexuellen Mißbrauchs über ein Jahr lang mit regelmäßigen Sitzungen zu immer derberen sexuellen Phantasien anzuleiten. Durch solche Sitzungen schließlich gewonnene Angaben des Kindes über vom Puppenvater an der Puppentochter begangene sexuelle Handlungen stellen kein Beweismittel für entsprechendes Verhalten des wirklichen Vaters dar.

2. Der einer Wiederanbahnung der Begegnungen mit dem Vater entgegenstehende Wille der Kinder ist unbeachtlich. Er ist Ausfluß der unter Beeinträchtigung des Kindeswohls eingetretenen Entfremdung gegenüber dem Vater und somit Symptom einer durch die lange Trennung eingetretenen Schädigung. Dem Willen der Kinder zu folgen würde bedeuten, sich an der weiteren Schädigung zu beteiligen. Ein solches Recht zur Selbstschädigung steht den Kindern aber nicht zu; auch ihnen hat ihr eigenes Wohl oberste Richtschnur zu sein.

Die Einschätzung des Gerichts im letzten Absatz ist auch deswegen von Bedeutung, weil Tendenzen sowohl im Völkerrecht als auch in der nationalen Debatte zur Reform des Kindschaftsrechts die Wende von Rechten der Eltern zu Rechten der Kinder vollziehen wollen. Diese Tendenzen sind nicht unproblematisch. Es ist für Sorgeberechtigte ein Leichtes, Kinder dazu zu bringen, den Kontakt zum getrennt lebenden Elternteil abzulehnen. Es darf nicht soweit kommen, daß solche Ablehnung aus Kindermund, besonders dann, wenn das Kind sie nicht begründen kann, zum Ausschluß eines Elternteils führt.

Dr. A. Schneider

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