Information von Väter für Kinder e.V.:

VfK e.V. dankt dem Verfasser für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe im Volltext.

Dr. Peter Koeppel

Bad Boll, 9. - 11. Dezember 1998:
Psychologie im Familienrecht - Bilanz und Neuorientierung

Die Drohung mit Liebesentzug

als Mittel der Programmierung des anvertrauten Kindes ( PAS )

im Kontext von Sorge- und Umgangsrechtsverfahren zwischen Eltern

I.

Die Drohung mit Liebesentzug ist kein rechtlicher Begriff. Diese für jedes Kind, für das kleine Kind geradezu desaströse Drohung findet sich in der deutschen Rechtsordnung nicht. Wie ich 1991 feststellen mußte, kennt das deutsche Kindschaftsrecht nicht einmal das ebenso einfache wie bedeutende Wort ‚Liebe'. [1] Daran hat sich auch durch die Kindschaftsrechtsreform nichts geändert.
II.

Bei der durch Ursula Kodjoe erfolgten Vorstellung der amerikanischen Forschungsergebnisse von Clawar & Rivlin [2] wird den Tagungsteilnehmern klar geworden sein, daß alle Mittel der Programmierung auf das Ziel gerichtet sind, die Liebesbeziehung des Kindes zum nichtanwesenden (Ziel-)Elternteil zu beeinträchtigen oder sogar zu zerstören.

Wenn im Verlauf der Programmierung dem Kind mit Liebesentzug gedroht wird,

"Wenn Du nicht ... , habe ich Dich nicht mehr lieb!",

dann kann das Kind gar nicht anders, als die mit der Drohung verbundene Forderung zu erfüllen. Denn es hat ja bereits den anderen - nicht anwesenden - Elternteil verloren. Im fortgeschrittenen Stadium der Programmierung ist die Liebesbeziehung zu ihm schon zerstört. Deshalb ist die Drohung mit Liebesentzug so wirksam und so katastrophal für das Kind.

Unter der Zwischenüberschrift: ‚Syndrom der Drohung mit Liebesentzug' führen Clawar & Rivlin [3] speziell zur Drohung mit Liebesentzug aus:

‚Das ist eine Zwang ausübende, wirksame und fast universell erfolgreiche Technik programmierender Eltern. Dabei müssen die Kinder Zurückweisung oder Verlust der Liebe eines Elternteils befürchten, wenn sie Liebe für den anderen Elternteil zeigen oder den Wunsch mit ihm zusammen zu sein. Implizit oder explizit wird dem Kind zu verstehen gegeben, daß es um geliebt und akzeptiert zu werden, ein Verbündeter werden und sich ebenso gegen den anderen Elternteil wenden muß.' (S. 26)
Die Autoren bringen sodann das Beispiel von länger werdenden Telefongesprächen zwischen programmierendem Elternteil und Kindern während deren Aufenthaltes beim anderen Elternteil, die die Kinder in einen Loyalitätskonflikt bringen. (S. 27)
‚Die implizite Drohung mit Liebesentzug ist massiv verwirrend für Kinder ab zwei Jahren und älter, welche sich möglicherweise an positive Interaktionen zwischen den Eltern in glücklicheren Zeiten während oder nach der Ehe, Trennung oder Scheidung erinnern können. Aus der Erinnerung an die positive Einstellung, die die Eltern zueinander hatten, leiten Kinder ab, daß Liebe zerbrechlich ist und daß sie ähnlichen Verlust oder Verlassenwerden erfahren könnten. Der mit dem Entzug der Liebe und Zuneigung drohende Elternteil wird stärker und einflußreicher sein als der andere Elternteil, der seine Liebe konstant und bedingungslos ausdrückt. Kinder können zu der prekäreren Beziehung hingezogen sein in der Gewißheit, daß der andere Elternteil sie weiterhin lieben wird, was auch immer passiert.' (S. 28)
Clawar & Rivlin haben in ihrer Langzeitstudie 700 von 1000 Fällen analysiert und auch statistisch aufgearbeitet.

Auf Tafel 14 (S. 178) zeigen sie auf, daß der Erkennungsfaktor: Einschränkungen der Erlaubnis, zu lieben oder geliebt zu werden, in 90% aller Fälle gegeben war, gefolgt von: unangebrachte oder unnötige Information mit 85%.

So die Fakten aus der bisher einzigen zugänglichen Langzeitstudie.

III.

Als Jurist kann ich diese Erkenntnisse nur weitergeben an Entwicklungspsychologen, Kinder- und Jugendpsychiater sowie Psychoanalytiker mit der Aufforderung, die bei Kindern durch Drohung mit Liebesentzug hervorgerufenen seelischen Schäden der deutschen Fachöffentlichkeit darzustellen. Nur wenn Programmierung ( PAS ) von Sozialpädagogen, Richtern, Gerichtssachverständigen in Zukunft schneller erkannt und verhindert wird, besteht Hoffnung, daß Kindern nicht länger solche seelischen Schäden zugefügt und sie zu den Hauptleidtragenden der Trennung ihrer Eltern werden.

IV.

Vor kurzem habe ich ausgewählten Sachverständigen die Frage vorgelegt, wie sie die Drohung mit Liebesentzug psychologisch bewerten. In den bisher zugegangenen Antworten wurde mir darin zugestimmt, daß man hier von seelischer Kindeswohlgefährdung sprechen kann, welche nach geltendem Recht gemäß § 1666 Abs. I BGB zu subsumieren ist.

Lassen Sie mich schließen, indem ich aus einem Antwortschreiben - Verfasser befindet sich unter uns - zitiere:
 

Aus psychologischer Sicht ist die Drohung mit Liebesentzug bereits vollendeter Liebesentzug!

[1]   Koeppel, FamRZ 1992, S. 31
[2]  Clawar & Rivlin: Children held Hostage – Dealing with Programmed and Brainwashed Children,
American Bar Association, 1991
[3]  Übersetzung C. T. Dum, Ph.D.; das vorgestellte Werk wird voraussichtlich 1999 in deutscher
Übersetzung erscheinen
 

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